Kolumne: Jack – Mein Leben als Hund
Teil 12: On the Road Again – Jack’s Travel Guide, Part 4
Hallo Leute,
vorletzte Woche entschied ich, dass ich aufgrund meines unermüdlichen Einsatzes als Badrenovierungs-Assistent einen kleinen Wellnessurlaub verdient hatte. Nun galt es nur noch, dass passende Hundeparadies zu identifizieren. Zum Glück fand ich ein nettes Hotel am Forggensee in Füssen im Allgäu. Ich zitiere hier mal eben aus der Hotelphilosophie:
„Wenn Sie einen Hund als Haustier haben, wissen Sie, wie nah man an sein Tier gebunden werden kann. Das Tier wird Teil der Familie und man kann sich seinen Alltag nicht mehr ohne sie vorstellen. Auch wissen Sie, wie schön es ist, einen Hund mit in den Urlaub zu nehmen, aber auch, wie schwer es ist, Hotels zu finden, die dies erlauben. Vor allem in einem Wellnesshotel ist dies sehr selten, aber bei uns sind Sie mit Ihrem Hund genau richtig!“
Das hörte sich für mich schon mal gut an, aber, Leute, jetzt kommt der Hammer:
„Wir selbst haben einen Hund, unsere Mia, und auch wir könnten uns nicht vorstellen, ohne sie in den Urlaub zu fahren. Deshalb haben wir uns auf Reisende mit Hund eingestellt. […] Mia, unsere Hündin, wird sich freuen, neue Bekanntschaften zu schließen, wenn Sie mit Ihrem Hund Urlaub in Füssen im Allgäu machen.“
Wow, ein Hundemädel! Mia, die vierbeinige Tochter des Hauses!! Ich sah sie schon vor Augen, eine grazile, elegante Gestalt, die nur darauf wartete, mit Jack, dem naturverbundenen, kernigen Traumtypen über die saftigen, grünen Wiesen des Allgäus zu tollen!!!
Was bahnte sich da wohl für mich an, eine Lovestory? Eine zarte Romanze?
Ergo: Ich war total gespannt auf diese Mia. Eine reiche Hotelerbin würde in meiner Sammlung gerade noch fehlen. Als hübscher und charmanter Sonnyboy sollte es doch gar kein Problem für mich sein, mit ihr anzubandeln…
Also nix wie hin. Mission Mia. Nur kurz die A7 runtergebrettert (ich wie immer als Top-Beifahrer im Tiefschlaf) und schon waren wir da. Als ich ankam, wollte ich mich natürlich sofort in den Forggensee stürzen, denn der vorletzte Freitag war ein knallheißer Tag in Bayern gewesen. Als ich aus dem Auto hüpfte, staunte ich nicht schlecht. Hotel da – Blick auf Neuschwanstein da – sogar Schiff im Hafen da – aber wo war der See??? Hallo???
Meine Eltern, die Blitzmerker, fanden dann heraus, dass der Forggensee ein Stausee ist, der im Winter abgelassen wird, um im Frühjahr die Folgen der Schneeschmelze in den Allgäuer Alpen abzumildern. Aha. Meine Mama lachte sich dann halbtot über folgenden Aushang:
Na ja, sooo lustig war das jetzt auch wieder nicht… Menschen!
Nun gut, der leere Tümpel war halb so wild. Vor allem, als ich feststellte, dass hund in einem trocken gelegten Stausee spitzenmäßig herum sausen kann:
So, jetzt erst einmal einchecken. Hoppla, da lag doch tatsächlich auf meinem Bett ein mit dekorativem Edelweiß bedrucktes Tüchlein aus feinster Seide als kleine Aufmerksamkeit der Hoteldirektion! Hatten sie etwa eine HundeDAME erwartet? Ich hatte doch extra als Jack, nicht als Jackie, gebucht. Egal!
Als moderner Hundemann bemühe ich mich ja sowieso, meine weiblichen Seiten zu entwickeln. Entsprechend dem Animus/Anima-Konzept des Tiefenpsychologen C.G. Jung trägt jede/r nämlich sowohl männliche als auch weibliche Anteile in sich. Meine Männlichkeit (ok, ein wenig gestutzt, aber pssst, nicht verraten…) lebe ich aus in typischem Machogehabe, wenn ich mein Frauchen vor feindlich gesonnenen Rüden beschützen will. Knurren, an der Leine zerren, möglichst furchteinflößend gurgeln. Außerdem natürlich in jeder möglichen und unmöglichen Situation das Bein heben.
Ganz bewusst entwickeln muss ich also meine weiblichen Züge. Bin auf dem besten Wege: Offenen Zugang zu meinen Emotionen und Herauslassen der selbigen, mein perfekt beherrschter Augenaufschlag und Kuscheln, bis der Arzt kommt.
Und nun seit Neuestem eben auch die innere Freiheit, ein modisches Accessoire mit femininem Touch zu tragen, und zwar ohne darauf zu achten, wenn die anderen (Hundemänner vom alten Schlag) lästern:
Sooo trägt hund es aber nicht! Eher so:
Außerdem passt das Tuch hervorragend zu meinem ausgeblichenen (vormals roten) Geschirr und dem Zartrosa meiner Zunge. Als Ästhet und kosmopolitischer Hund achte ich eben auch auf feinste Details.
Wir haben drei Tage herrliche Touren gemacht, ich kam voll auf meine Kosten. Schaut mal:
Wie heißen bloß die vielen Berge?
Eine wunderschöne Gegend. Und da, wo wir gelaufen sind, war auch gar nichts los:
Wir waren ja ganz nahe an den diversen Königsschlössern von Ludwig II (Neuschwanstein, Hohenschwangau usw.). Die haben wir natürlich nicht besichtigt, das wäre für mich schwierig gewesen. Entweder ich hätte nicht mitgedurft oder vor Aufregung an Ludwigs Thronsessel gepinkelt – und das wollten meine Eltern dann doch nicht riskieren!
In einem Buchenwald wurde ich mit Laub beworfen:
Und habe mich dann darin gewälzt:
Immer wieder erfrischende Bäder in diversen (echten) Seen:
Hauptsache, ich kann richtig Gas geben – dann bin ich so happy!
Ein größeres Stöckchen konnte ich nicht finden!
Und die traumhafte Aussicht genießen…
Ja, ja, es war schon ein aufregendes Wochenende mit vielen zauberhaften Momenten. Aber ihr, meine lieben Leserinnen und Leser, wartet bestimmt schon die ganze Zeit auf meine Begegnung mit Mia, der Hundedame des Hauses. Ich will euch nicht länger auf die Folter spannen:
Es war, gelinde gesagt, eine herbe Enttäuschung. Ein tragischer Fehlschlag, eine absolute Katastrophe! Mia, die 7jährige Bordercolliehündin,
thronte, anders kann hund es nicht beschreiben,
thronte förmlich in ihrer Rezeption und zuckte nicht mit der Wimper, als sie mich erblickte. Unfassbar! Hochnäsig und eingebildet, dachte die Prinzessin wohl, sie wäre etwas Besseres. Nur, weil ihre Eltern Hotelbesitzer sind! Na und? Ihr Papa, der (sehr nette) Hotelier ging gleich mit uns nach draußen, damit die Hunde zusammen spielen konnten. Aber was passierte: Die feine Dame fletschte in einer Tour die Zähne! Wirklich wahr! Ich wandte mein übliches Erfolgsmodell an, nämlich einfach drauflos stürmen und volle Kanne anrempeln. Das mochte sie aber überhaupt nicht! Komisch! Ihr Papa bezeichnete mich als aufdringlich. Ich – aufdringlich??? So eine Trantüte. Na gut, ich war offenbar einfach nicht ihr Typ. Pah, dann eben nicht. Selbst Schuld. Habe es das ganze Wochenende immer mal wieder bei ihr probiert, erntete aber jedes Mal Zähne fletschen. Ich darf nochmals aus der zu Eingang erwähnten Hotelphilosophie zitieren:
„Mia, unsere Hündin, wird sich freuen, neue Bekanntschaften zu schließen, wenn Sie mit Ihrem Hund Urlaub in Füssen im Allgäu machen.“
NA JA…
Aber egal, ich hielt mich anderweitig schadlos, wie ihr euch sicher schon denken könnt. Und eines muss man konstatieren: Unterm Strich war es doch ein Hundehotel, denn die Hotelgäste wurden ganz offensichtlich extra danach ausgewählt, ob sie schwarze Labradore mochten. Ich hatte regelmäßig meine große Show im Rezeptionsbereich: Drückte mich kraftvoll in alle herumstehenden Kniekehlen, wedelte eifrig und suchte Augenkontakt, mit Erfolg! Fast alle vorbei gehenden Gäste streichelten mich stundenlang! Beugten sich zu mir hinunter, kraulten mich hinter den Ohren, am Hals, am Rücken, machten mir Komplimente („Bist du ein Schöner!“).
Ob vielleicht an der Bezeichnung „aufdringlich“ doch etwas dran ist???
Meine Mama goss dabei immer noch Öl ins Feuer durch Bemerkungen wie: „Oh, ich glaube, er mag Sie!“ (ich mag ja jeden, aber pssst, nicht verraten!) oder „Sie kennen sich wohl mit Hunden aus?!“ (fast immer kam dann die Antwort: Ja, wir hatten auch mal einen) oder „Das genießt er aber. Schatz, machst du das bei mir auch?“ (das war der Oberbrüller, Lachsalven erschütterten die Rezeption).
Meine natürliche Schönheit, von den Gästen sofort erkannt, konnte ich dann noch anderweitig unter Beweis stellen: Als gut aussehender Tausendsassa und vielseitiges
Dog Model habe ich sogar als Ludwig II posiert, hier seht ihr mich in einer Stellwand:
Ist das nicht ein Hammer? Gut, mein majestätischer Blick passt natürlich genau, auch die dunkle Haarfarbe stimmt überein. Trotzdem war ich mir in dem Moment nicht ganz sicher, ob ich nicht vielleicht doch auf den Arm genommen wurde – im wahrsten Sinne des Wortes!
Hab‘ euch lieb! Und frohe Ostern!
Jack