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Emma und Lena - zwei ehemalige Zuchthündinnen

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Emma

Zwei Zuchthündinnen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Beide sprangen sofort in mein Herz und ich wusste, dass sie nie wieder gehen würden.

Emma war erst meine zweite Pflegehündin, wieder eine ehemalige Zuchthündin aus einer Vermehrerfarm in Holland. Sie sprang aus dem Auto, mir entgegen, schrecklich schmuddelig und übel riechend. Klein war sie, mit durchhängendem Rücken und süßem dicken Knubbelpo. Aber die Gute Laune in Person. Einfach unglaublich, bedenkt man ihre Vergangenheit und den Stress der letzten Tage. Emma erkundete sofort ihre neue Welt, nahm alles neugierig in sich auf, konnte nicht genug bekommen. Es war faszinierend, sie zeigte keinerlei Ängste. Eigentlich hatte dieser Hund nur Dämlichkeiten im Kopf. Kauknochen wurden im Topf der Zimmerpalme verbuddelt, Milchtüten geklaut und ausgetrunken, sie ließ nichts aus. Und immer dieses schelmische Lachen in ihrem Gesicht, wenn man sie erwischte. Man konnte Emma einfach nie böse sein.

Es wurde schnell klar, dass Emma früher einmal in einer Familie gelebt haben musste, sie konnte Pfötchen geben und Türen öffnen. Zuchthunde, die als solche aufgewachsen sind und nie ihren Zwinger verlassen haben, können diese Dinge nicht – sie können und kennen gar nichts. Familienhunde an Vermehrer abzugeben, ist in Holland nichts Außergewöhnliches. Immer wieder haben Pflegestellen ähnliche Erfahrungen berichtet.

Es vergingen nur wenige Tage und ich wusste, dass SIE es ist. Sie war einfach anders, noch nie hatte ich einen Hund wie Emma getroffen. Ich konnte mich nicht von ihr trennen, der Gedanke daran tat unglaublich weh.

Den Tag, als Emma plötzlich auf der Notfallseite stand und zur Vermittlung „freigegeben“ war, werde ich nie vergessen. Ich wusste nicht, dass es schon soweit war und es traf mich wie ein Keulenschlag. Ich saß im Büro und dachte, die Welt ginge unter. Als wenn plötzlich jemand in der Tür stände und sie mir wegnehmen würde. Ich konnte sie einfach nicht mehr hergeben.


Viele Pflegehunde später kam Lena. Eine Angsthündin. Seit einem Jahr lebte sie bereits in einer Familie. Sie hatten sie bei einem Vermehrer aus Deutschland freigekauft. Aber sie kamen nicht mit ihr klar. Auch nach einem Jahr knurrte sie den Mann der Familie und auch die Kinder an. Zugang hatte sie ausschließlich zu ihrem Frauchen, aber ein festes unerschütterliches Vertrauen war es nicht.

Lena stand in meinem Garten, 20 m von mir entfernt. Wenn ich zu ihr blickte, drehte sie sich sofort um und rannte weg. Ein Rankommen war nicht möglich, sie duldete Niemanden in ihrer Nähe. Nun hatte ich glücklicherweise im Laufe meiner bisherigen Pflegezeit genügend Erfahrungen gesammelt, um mich ihr gegenüber richtig zu verhalten. Ich ignorierte sie völlig. Kein Blickkontakt, kein Bedrängen, kein „nun komm doch, ich tu dir doch nichts“. Nach kurzer Zeit nahm Lena Kontakt zu mir auf, sie kam vorsichtig von hinten und stupste mich an, schnupperte an meiner Hand. Ich streckte die Hand langsam nach ihr aus, ohne sie anzugucken und berührte sie vorsichtig. Bald hatten wir guten Kontakt und ich konnte mit ihr sprechen, sie streicheln und füttern.

In meiner bisherigen Zeit als Pflegestelle durfte ich mehr als 20 Hunde einen Teil ihres Weges begleiten. Ich möchte keinen Moment missen. Es ist eine große Verantwortung und es ist auch anstrengend. Man lernt sich zurückzustellen, viele Dinge nicht mehr so wichtig zu nehmen. Das ist eine gute Erfahrung, das Leben ändert sich. Dazu muss man bereit sein. Aber ich kann es jedem, der überlegt, dieses Abenteuer einzugehen, nur ans Herz legen. Wenn er wirklich dazu bereit ist, für das Tier einen gehörigen Teil seines bisherigen Lebens umzustellen. Wenn man Tiere liebt, so wie ich, dann gibt es nichts Schöneres, als derjenige zu sein, der erleben darf, wie z. B. eine verängstigte lebensunerfahrene Zuchthündin das erste Mal in ihrem Leben entspannt auf der Couch liegt, sich dass erste Mal genüsslich im Rasen wälzt, dass erste Mal in ihrem Leben genießt, wenn Menschenhände sie zärtlich berühren.

Es ist nicht einfach. Sie kennen nichts, sind nicht stubenrein, haben oft vor allem und jedem Angst. Sie können nicht an der Leine laufen. Oft sind sie krank, haben entzündete Ohren, Flöhe oder gar Räude. Aber sie haben eine unglaublich schöne reine Seele. Ich kann es nicht ausdrücken, aber jeder, der schon mal eine Zuchthündin gepflegt hat, weiß, was ich meine. Sie sind anders. Ich kann mir ein Leben ohne Zuchthündin nicht mehr vorstellen.

Und dann ist da der Abschied. Es geht leider nicht ohne. Wenn man mit Herz und Seele pflegt, ist es das Schlimmste, was einem passieren kann. Aber es gehört dazu. Wie oft höre ich den Satz „ich könnte keine Pflegestelle sein, denn ich könnte mich nicht von den Hunden trennen“. Das kann ich auch nicht. Man liebt jeden seiner Hunde und bei jedem einzelnen habe ich überlegt, ob es nicht doch irgendwie gehen würde, ihn zu behalten. Diese Sätze ärgern mich, denn die Menschen machen es sich zu einfach. Wie ich schon schrieb, muss man sich selbst zurückstellen. Ich muss meine Gefühle zurückstellen, damit ein Hund aus einem schlechten Leben befreit werden kann und die Chance auf ein schönes und artgerechtes bekommt.

Wenn dann der Moment des Abschieds gekommen ist, sollte man den Tränen ruhig freien Lauf lassen. Am Besten man zieht sich mit einer Doppelpackung Tempos ins Bett zurück und zieht die Decke über den Kopf. Und jedes Mal sagt man sich, „das mache ich nie nie wieder!“

Aber nach kurzer Zeit kommt dann dieses Kribbeln und dann hört man, dass wieder Hunde dringend Pflegestellen brauchen …


Das ist Emma, mein kleiner Clown




und das die traumhafte Lena

 
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