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Als Kayly kam

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Claudia

Mein erster Pflegehund war Kayly.


Zwei Jahre lang hatte ich gekämpft, bis mein Mann sein Okay zum Zweithund gegeben hatte. Als ich mich endlich auf die Hündin bewerben konnte, die ich seit Monaten im Internet verfolgt hatte, hieß es: ‚Gerade vermittelt’.

Beim Stöbern durchs Internet stolperte ich dann über die Annonce ‚Pflegestellen gesucht’. Mehr aus Frust und Neugier habe ich damals meine Bewerbung abgeschickt. Danach lief alles wie wie Uhrwerk.

Drei Wochen später kam Kayly. Kayly war eine so genannte Zuchthündin. Alles, was ich von ihr wusste, war, dass sie ein Retriever und eine Zuchthündin ist. Niemand wusste zu dem Zeitpunkt, wie viele Hündinnen die Qualzucht verlassen dürfen, geschweige denn Kleinigkeiten wie Alter oder Farbe. Oder gar einen Namen. Die Hunde, die da kamen, waren Nummern, der Müll der Profitgesellschaft, der ausgedient hatte.

Der Hund, der bei uns ankam, war kein Müll. Es war eine sechsjährige, braune Labradorhündin und sie war hinreißend, in all ihrem Gestank, Elend und in ihrer Unsicherheit, ihren Ängsten, ihrer Panik.

Kayly hing Tage lang ausschließlich an meinem Knie. Voller Hingabe, Angst und vorsichtiger Lebensfreude. Wo ich hinging, da ging auch Kayly. Kayly war nicht stubenrein, kannte keine Leine, keine Treppen, keine Spiegel, keine Klospülung. Sie hatte panische Angst vor vielem, insbesondere vor Männern, Straßenkreuzungen, Gummistiefeln, Taschenlampen und Handtuchturbanen.
Und Kayly konnte bellen wie ein Großstadtindianer.

Und sie konnte schmusen, mutig sein, entdecken, leben, Bälle voller kindlicher Weihnachtsvorfreude anschleppen. Kayly konnte operartistische Jubelpirouetten drehen, lachen, losdüsen, ihr Liebslingsplüschie 'Schafi' aufstöbern, egal wo es sich versteckt hatte, im Gras toben, erstmals, einfach Hund sein.

Kayly, unsere erste Pflegehündin, hat uns jeden Tag gezeigt, wie viel das Leben wert ist.
Am Tag, bevor Kayly vermittelt wurde, lag sie das erste Mal bei mir im Bett und ich habe das erste Mal so richtig das heulende Elend bekommen. Soviel war geschehen und soviel lag noch vor uns.

Ab jetzt betreten wir beide Neuland: Kayly alleine in ihrer eigenen Familie und wir, wir geben unseren innigst geliebten Pflegehund ab.
Als es am Nachmittag an der Tür klingelte, waren alle Bedenken sehr schnell verflogen. Kayly bellt nicht, sie schnuppert, nimmt Kontakt auf. Kaylys Frauchen steht an unserem Gartenzaun und sagt: ‚Das ist sie. Ich wusste, dass sie genau so ist’. Kaylys Herrchen lächelt. Lockt sie an und sie kommt, obwohl sie Männer immer meidet.

Nach einem sehr schönen, gemeinsamen Nachmittag heißt es Abschied nehmen von unserer Kayly. Beim Einsteigen ins Auto braucht Kayly ein wenig Überzeugung. Wir knuddeln noch einmal unser Mäuschen, schließen behutsam die Tür, winken. Wir sind traurig, glücklich und ganz tapfer. Der letzte Blick durch die Heckscheibe ist keiner Pflegestelle zu empfehlen.
Und Kayly fährt nach Hause. Unsere Kayly hat ein Traumzuhause. Ich denke, es ist Schicksal, dass es so gekommen ist, es ist kein Zufall.

Sechs Monate später haben wir Kayly in ihrem Zuhause besucht. Als ich sie gesehen habe, war für mich entgültig besiegelt, dass ich immer wieder Pflegestelle sein werde. Es ist eine einzigartige Erfahrung: Einen Hund, der aus dem Dreck kam, nichts kannte, ängstlich, verschreckt, panisch und völlig unerfahren war, kein halbes Jahr später als ein glückliches, über alles geliebtes, integriertes Familienmitglied erleben zu dürfen.


Kayly ist in Sicherheit, Zuhause.

So viele andere sind es nicht.

Noch nicht.



 
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